Schlaf und Immunsystem

„Sich gesundschlafen“ – diese Redewendung kommt nicht von ungefähr. Während des Schlafs finden im Körper zahlreiche wichtige Reparatur- und Erneuerungsprozesse statt. Der Körper steuert aber auch Aktivitäten des Immunsystems innerhalb eines Tag- und Nachtrhythmus. Wichtige Prozesse, die für die Abwehr von Krankheitserregern verantwortlich sind, laufen während des Schlafs mit erhöhter Aktivität und profitieren daher von einer ausreichend langen Schlafdauer. Warum Schlaf so wichtig ist, zeigt, welche weiteren entscheidenden Aspekte er für die Gesundheit darstellt.

Warum ist Schlaf wichtig für das Immunsystem?

Wie Schlaf das Immunsystem beeinflusst

Schlaf beeinflusst das Immunsystem auf vielfältige Weise: Während der verschiedenen Schlafphasen finden entscheidende Prozesse der Immunabwehr statt. Nachts finden sich zum Beispiel mehr Antikörper im Blut. Im Tiefschlaf werden vermehrt Botenstoffe, wie Wachstumshormone ausgeschüttet, die unter anderem das Immunsystem stimulieren. Immunzellen, wie T-Zellen und natürliche Killerzellen, werden aktiviert, Diese Zellen sind essenziell für die Bekämpfung von Infektionen, aber auch für das Erkennen und Vernichten von körpereigene Zellen, wie z.B. Krebszellen. Die nächtliche Produktion von Melatonin, einem Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert, stellt somit auch einen Teil der nächtlichen Anregung und Steuerung der Immunprozesse dar.

Kann Schlafmangel das Immunsystem schwächen?

Schlafmangel kann Auswirkungen auf das Immunsystem haben, insbesondere auf die vornehmlich nächtlichen Aktivitäten. Menschen, die regelmäßig zu wenig schlafen, sind anfälliger für Infektionskrankheiten, wie z.B. für eine Erkältung. Das konnte ein Experimenta) zeigen, in dem die Versuchspersonen mit Erkältungsviren infiziert wurden. Teilnehmer mit kürzerem Nachtschlaf zeigten häufiger Erkältungssymptome, wie die „ausgeschlafenen“ Teilnehmera). Eine neuere Studieb) zeigt, dass die für die Immunabwehr nötigen T-Zellen bereits nach wenigen Stunden ohne Schlaf beeinträchtigt sein können. Das „Andocken“ (medizinisch Adhäsion) der T-Zellen an möglicherweise infizierte Zellen war bei Probanden, die nicht geschlafen haben, deutlich reduziert im Vergleich zur Vergleichsgruppe mit 8 Stunden Schlaf. Selbst nach 3 Stunden ohne Schlaf war die Funktion bereits eingeschränkt.

Zudem wird der körpereigene Heilungsprozess, der während des Schlafs stattfindet, verlangsamt. Dies kann die Erholung von Krankheiten und Verletzungen verlängern.

Des Weiteren kann Schlafmangel die Wirksamkeit von Impfungen verringern, da die Immunantwort auf Impfstoffe geschwächt wird. Studienc) haben gezeigt, dass Personen mit Schlafmangel nach einer Impfung weniger Antikörper produzieren als solche, die ausreichend schlafenc). Chronischer Schlafmangel kann zu einer dauerhaften Schwächung der Immunabwehr führen, was das die Infektanfälligkeit und das Risiko für bestimmte chronische Erkrankungen erhöht. Daher ist ausreichender, erholsamer Schlaf unerlässlich, um die Abwehrkräfte des Körpers und die allgemeine Gesundheit zu erhalten.

Person auf Fahrrad

Wie viel Schlaf ist gesund?

Wie viele Stunden Schlaf für die normale Funktion des  Immunsystems wichtig sind, ist sicherlich von Mensch zu Mensch verschieden. Viele Studien zur Schlafdauer legen nahe: Im Durchschnitt sind 7 bis 8 Stunden Schlaf ein guter Richtwert. Es gibt aber auch Menschen, denen 6 Stunden erholsamer Schlaf ausreichen oder die dauerhaft 10 Stunden Schlaf benötigen, um fit zu sein.

Während eines Infekts erhöht sich das Schlafbedürfnis bei vielen Menschen. Einen allgemeinen Richtwert gibt es daher nicht. Hier gilt: Auf den eigenen Körper hören und ihm ausreichend Ruhepausen gönnen. Als Faustregel gilt: Wer morgens erholt aufwacht und tagsüber leistungsfähig ist, hat in der Regel ausreichend geschlafen.

Schlaf, Stress und das Immunsystem: ein Teufelskreis

Bei vielen Menschen ist Stress ein wesentlicher Faktor, der sowohl den Schlaf als auch das Immunsystem negativ beeinflusst. Chronischer Stress kann zu Schlafproblemen führen und gleichzeitig die Immunfunktion schwächen. Dies erhöht wiederum den Stresspegel, da schlechter Schlaf die Stressresistenz verringert und die Produktion von Stresshormonen wie Cortisol erhöht. Zunächst unterdrücken die Stresshormone die Immunreaktionen und haben einen entzündungshemmenden Effekt. Ist der Stress- und damit der Cortisolspiegel aber dauerhaft erhöht, kann die Regulation entzündlicher Prozesse leicht aus dem Gleichgewicht geraten und zu einer erhöhten Entzündungsbereitschaft führen. Eine hohe Bereitschaft zur Entzündung belastet dann wiederum das Immunsystem. So kann  ein Teufelskreis entstehen, in dem sich Stress und schlechter Schlaf gegenseitig verstärken und die Gesundheit beeinträchtigen. Zu den Strategien, diesen Kreislauf zu durchbrechen, gehören Stress­bewältigungs­techniken wie Atemübungen.

Mehr Informationen zu stressbedingten Schlafproblemen

Tipps für besseren Schlaf und zur Unterstützung des Immunsystems

Es gibt zahlreiche Strategien, um den Schlaf zu verbessern und damit auch das Immunsystem zu unterstützen. Eine gute Schlafhygiene ist dabei essenziell. Folgende Tipps können helfen, die Schlafqualität zu erhöhen:

  1. Einen regelmäßigen Schlafrhythmus etablieren: Es ist hilfreich, jeden Tag etwa zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen, auch am Wochenende. Das unterstützt einen erholsamen Schlaf.
  2. Optimales Schlafumfeld schaffen: Die Schlafumgebung sollte möglichst dunkel, ruhig und angenehm kühl sein – eine Raumtemperatur zwischen 16 und 18°C gilt als ideal.
  3. Koffein und Alkohol vermeiden: Auf Kaffee & Co. sollte am besten ab dem frühen Nachmittag verzichtet werden. Alkohol erleichtert zwar manchmal das Einschlafen, führt jedoch oft zu einem unruhigen Schlaf.
  4. Schlaffördernde Abendroutine schaffen: Entspannungsübungen, Meditationen oder ein warmes Bad können zur Entspannung beitragen. Auf elektronische Geräte und Bildschirme sollte etwa eine Stunde vor der Zubettgehzeit verzichtet werden, da das blaue Licht die Produktion des schlaffördernden Hormons Melatonin hemmt.
  5. Ernährung anpassen: Wer gern viel und deftig am Abend isst, sollte darauf besser verzichten. Leichte Mahlzeiten belasten die Verdauung nicht so sehr. Schlaffördernde Lebensmittel wie Blumenkohl, Bananen, Mandeln und Kirschen enthalten Melatonin und können guten Schlaf fördern.
  6. Regelmäßig bewegen: Tägliche körperliche Aktivität fördert den Schlaf. Intensiver Sport sollte aber mindestens 3 Stunden vor dem Schlafengehen beendet werden. Besonders geeignet ist Bewegung im Freien, weil das Tageslicht den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert. Zudem fördert Tageslicht die Bildung von Serotonin, das später in das Schlafhormon Melatonin umgewandelt wird.
  7. Stress und Sorgen vor dem Schlafen bewältigen: Stress und Grübeln können den Schlaf erheblich beeinträchtigen. Es kann hilfreich sein, vor dem Schlafengehen eine kurze Zeit einzuplanen, um Gedanken, Sorgen oder einfach nur „lose Enden“ aufzuschreiben. Dieses Ritual kann helfen, den Kopf freizubekommen und den Geist zur Ruhe zu bringen, was einen erholsamen Schlaf fördert.
  8. Optimale Schlafposition und Matratze wählen: Eine geeignete Matratze und eine unterstützende Schlafposition fördern ungestörten Schlaf. Dies reduziert nächtliche Unterbrechungen und unterstützt die Erholung, was zur Stärkung des Immunsystems beitragen kann.

Wer diese Tipps beherzigt, kann die Schlafqualität verbessern und damit die Funktion des Immunsystems zusätzlich unterstützen. Ein erholsamer Schlaf ist wichtig, um die körpereigenen Abwehrkräfte zu unterstützen und langfristig gesund zu bleiben.

Weitere Tipps bei Schlafproblemen

Wer trotz dieser Maßnahmen langfristig unter Schlafproblemen leidet, sollte – am besten gemeinsam mit einem Arzt – der Ursache auf den Grund gehen.

Fazit: Guter Schlaf für eine gute Gesundheit

Schlaf spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit. Dabei stellt die normale Funktion des Immunsystems einen wichtigen Aspekt der Gesundheit dar. Ausreichender und guter Schlaf unterstützt die Funktion des Immunsystems, während Schlafmangel und Schlafstörungen zu einer Schwächung der Immunabwehr führen können. Andauernder schlechter und zu kurzer Schlaf kann entzündliche Prozesse und chronische Krankheiten begünstigen, während Stress und Schlafprobleme sich gegenseitig verstärken. Durch effektive Schlafstrategien und Stressbewältigungstechniken lässt sich die Gesundheit und die normalen Funktionen des Immunsystems unterstützen und das allgemeine Wohlbefinden steigern.

a) Prather AA et al.,  Behaviorally Assessed Sleep and Susceptibility to the Common Cold. Sleep. 2015;38(9):1353-1359. Published 2015 Sep 1. doi:10.5665/sleep.4968 
b) Dimitrov S. et al., Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells. J Exp Med. 2019;216(3):517-526. doi:10.1084/jem.20181169 
c) Spiegel K. et al. A meta-analysis of the associations between insufficient sleep duration and antibody response to vaccination. Curr Biol. 2023;33(5):998-1005.e2. doi:10.1016/j.cub.2023.02.017